Individual project
Funder: German Research Foundation
Period: 2026-2029
URI: https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/558956588
Detailed description:
Das von S.A. Schumm formalisierte Konzept einer asynchronen Entwicklung fluvialer Systeme ist ein seit langem akzeptiertes Paradigma der Fluvialmorphodynamik. In der Praxis fluvial-geomorphologischer Forschungen führte es bislang indes eher ein erstaunliches Schattendasein. Im Bereich der Paläoumweltforschung zeigt sich dies etwa bei Forschungsarbeiten, die auf eine zeitliche Verortung pleistozäner Flussterrassen abzielen und damit einen zeitlichen Rahmen für die Rekonstruktion von Paläoumweltbedingungen liefern. Häufig werden numerische Datierungen auf einen einzigen, vermeintlich exemplarischen Standort beschränkt. Für diesen werden lokale Datierungsbefunde gewonnen, aus denen im Wege einer generalisierenden Betrachtung „DAS Alter“ der Flussterrasse abgeleitet wird. Nimmt man das Konzept der Asynchronität fluvialer Reaktionen ernst, so erscheint diese Herangehensweise problematisch. Dem Konzept einer asynchronen Entwicklung fluvialer Systeme folgend, wird diesem Projekt die forschungsleitende Hypothese zugrunde gelegt, dass der Bildung pleistozäner Flussterrassen ein prozess-immanenter Diachronismus innewohnt. Dieser ist Ausdruck einer asynchron-komplexen Fluvialmorphodynamik entlang des Flusslängsprofils und spiegelt sich wider in einem Diachronismus von Lumineszenzaltern, die für Sedimente des jeweiligen Terrassenniveaus an unterschiedlichen Standorten ermittelt werden können. Das zentrale Ziel des Projektes besteht darin, kritisch zu überprüfen, ob es mit Mitteln der Lumineszenzdatierung möglich ist, einen Diachronismus der Terrassengenese in den Sedimenten von Terrassenkörpern empirisch nachzuweisen. Dieser Nachweis soll anhand zweier würm-zeitlicher Terrassen im Tal der Regnitz, einem der wichtigsten Nebenflüsse des Mains, erfolgen. Es geht demnach um eine systematische Untersuchung der prinzipiellen Möglichkeiten und Beschränkungen, welche die Lumineszenzdatierungsmethode hinsichtlich der Identifizierung von Latenz- bzw. Response-Zeiten in fluvialen Systemen bietet. Die im Rahmen des Projektes gewonnenen Befunde werden erhebliche Relevanz für die Nutzung von Flussterrassen als Klima- und Landschaftsarchive sowie für die Interpretation der zeitlichen Verortung von Umweltproxydaten haben. Die Etablierung einer hochaufgelösten Chronologie wird es ermöglichen, einen wertvollen Beitrag zu einem besseren Verständnis der mittel- bis spätpleistozänen Landschaftsentwicklung in einem wichtigen Teil des Einzugsgebietes des Mains zu leisten. Ferner zielt das Projekt darauf ab, den engen Austausch zwischen empirisch gestützter Feldforschung und computerbasierter Landschaftsmodellierung zu fördern. Hierfür werden alle gewonnen Daten in einer Datenbank zugänglich gemacht, die den speziellen Anforderungen der Landschaftsmodellierung Rechnung tragen wird. Dies eröffnet die Chance, das Untersuchungsgebiet als wichtiges Referenzgebiet für die Validierung und Kalibrierung computergestützter Ansätze der Landschaftsentwicklungsmodellierung zu etablieren.