Contribution in an anthology
Authors list: Ruby, S
Appeared in: Dorf : ein interdisziplinäres Handbuch
Editor list: Nell, W; Weiland, M
Publication year: 2019
Pages: 243-256
ISBN: 978-3-476-02625-5
eISBN: 978-3-476-05449-4
DOI Link: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05449-4_33
Das Dorf und die bildenden Künste haben historisch eher wenig
Abstract:
miteinander zu tun und sind einander doch als konträre, mitunter
komplementäre Diskursfelder verbunden. Traditionellerweise bildet die
Kunst als eine gesellschaftliche Praxis und materielle Kultur, zu der
spezifische Produktions-, Präsentations- und Betrachtungsweisen und
darein involvierte gesellschaftliche Einrichtungen gehören, einen
markanten Gegensatz zur primär bäuerlich geprägten Lebenswelt des
Dorfes. Seit der klassischen Antike waren es die oberen sozialen
Schichten bzw. Stände, d. h. Adel, Klerus und Bürgertum, die Kunst und
Architektur, Literatur und Musik nicht nur hervorbrachten, sondern auch
zu reflektieren wussten und daraus gesellschaftliche Distinktion
ableiteten. Praxis, Pflege und Diskursivierung der bildenden Künste
spielten sich vorzugsweise am fürstlichen Hof, im Kloster und in der
Stadt ab, mitunter auch im suburbanen oder ländlichen Raum, sofern es
dort zu Ablegern höfischer oder städtischer Kultur, z. B. in Form
luxuriöser Villen, kam. Wenngleich die bildkünstlerische Arbeit bis weit
in die Moderne hinein handwerkliche und mitunter auch
betriebswirtschaftliche Fähigkeiten voraussetzte, implizierten die
Intellektualisierung und Akademisierung der Künstlerprofession, wie sie
vor allem seit der Frühen Neuzeit von Italien aus vorangetrieben wurden,
eine weitgehende Befreiung von schwerer physischer Tätigkeit.
Vergleichbares galt und gilt für die Auftraggeber und Rezipienten von
Kunst, deren Privilegien das Geld, die Muße und hinreichende
Vorkenntnisse sind, um aus der Betrachtung von Kunstgegenständen
kulturelles Kapital, geistige Erkenntnis und »interesseloses
Wohlgefallen« (I. Kant) zu ziehen. All dem standen und stehen die
körperliche Mühsal der Feldarbeit, die Sorge um die wirtschaftliche
Existenzgrundlage, die vermeintliche kulturelle ›Einfachheit‹ des Lebens
auf dem Lande und die aus der Dorfgemeinschaft hervorgehende sogenannte
»Volkskunst« topisch gegenüber.
Citation Styles
Harvard Citation style: Ruby, S. (2019) Das Dorf in den bildenden Künsten, in Nell, W. and Weiland, M. (eds.) Dorf : ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart: J. B. Metzler Verlag, pp. 243-256. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05449-4_33
APA Citation style: Ruby, S. (2019). Das Dorf in den bildenden Künsten. In Nell, W., & Weiland, M. (Eds.), Dorf : ein interdisziplinäres Handbuch (pp. 243-256). J. B. Metzler Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05449-4_33